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u-lit Literatur Magazin


 

AGONY AND IRONY THEY GO TOGETHER IN PERFECT HARMONY
PT. III



 

Dave Eggers, Bestsellerautor, wurde über Nacht zum Rolemodel einer neuen Generation von Autoren ausgerufen.
Doch mittlerweile hat der Backlash eingesetzt. Das ironische Spiel mit den Medien folgt seinen eigenen Regeln.

 

Timothy McSweeney´s Internet Tendency

Timothy McSweeney's A Car Crash for the Ages

McSweeney´s privat. Die Familie!

Gary Baum´s FoE!

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FoE! (Friends of Eggers)


Seit Anfang des Jahres ist Dave Eggers das Boomthema in der amerikanischen Literatur. Kaum ein Tag ist vegangen, ohne dass eine Story über ihn, eine Rezension seines Buches, oder, etwas seltener, ein Artikel über McSweeneys in eine der zahllosen Tages- oder Wochenzeitungen und Magazine des Landes erschien. Die Mehrzahl der Stimmen waren und sind überaus positiv. Die Kombination aus Familiendrama und postmoderner Hipness scheint unwiederstehlich und katapultierte "A Heartbreaking Work.." in die Bestsellerlisten.
Eggers wurde über Nacht zum Rolemodel einer neuen Generation von Autoren ausgerufen. Zusammen mit David Irving Wallace, der gerade einen mit Fußnoten gespickten und permanent mit Pynchon verglichenen Tausendseiter abgeliefert hat, steht Eggers für einen Turnaround in der amerikanischen Literatur, wie man ihn seit den 60iger Jahren nicht mehr erlebt habe. Die Wiederkehr der Ironie und die neue Ernsthaftigkeit werden ihm gleichzeitig angehängt.

Mit eher mässigem Erfolg wurde versucht, Eggers und Wallace in Stellung zu bringen gegen Jedediah Purdy, einen weiteren Jungstar der Literatur, der sich in Essays und Interviews gegen "die Ironie" wendet und diese als lähmendes Gift in funktionierenden Gesellschaften und echten Beziehungen zwischen den Menschen geisselt. Es ist fast ein Wunder, dass Eggers immer noch als Verweigerer erschien, als eigenwilliger, fast schüchterner, vom plötzichen Ruhm überwältigter Jungautor. Alle publizierten Photos zeigen einen ungekämmten T-Shirtträger, der ebensogut Fahrradkurier oder Informatikstudent sein könnte. In der Öffentlichkeit tritt Eggers nie auf, ohne auf seine Freunde, seine erweiterte Familie, seine Fans hinzuweisen. Als sein Buch erschien, rief Eggers über seine InternetSite dazu auf, Leserrezensionen an Amazon.com zu schicken, die keine andere Bedingung zu erfüllen hatten als eine komplette Unkenntnis des Buchs zu demonstrieren; die beste Rezension wurde preisgekrönt.
Dieses Spiel entzückte nicht nur die Leser von McSweeneys und verschaffte ihm weitere underground credibility, es brachte auch sofort wieder Presse und stellt insgesamt ein hevorragendes Beispiel dar für die Cleverness und Coolness, mit der der 29jährige mit den Medien umgeht.

Dieses Spiel zwischen stiller, freundlicher Verweigerung und maximaler Präsenz in den Medien funktioniert hervorragend. Inzwischen sind die Taschenbuchrechte an "A Heartbreaking Work" für 1,4 Mio. $ veräussert worden, und trotz mehrfacher Dementis reissen die Spekulationen über eine Verfilmung nicht ab. So ist es denn auch kein Wunder, dass mittlerweile der Backlash eingesetzt hat. Der äussert sich nicht nur in negativen Rezensionen in der Presse, sondern auch in langen Diskussionen im Internet. Zunächst ging es nur um den vergleichsweise harmlosen Vorwurf des Ausverkaufs. Doch dann, im späten Frühjahr, wurde die Sache etwas böser. Zunächst trat Gary Baum auf den Plan.

Baum ist ein 17jähriger Schüler, der seit zwei Jahre seine eigene Website "My Manifesto" macht. Baum ist ein Medien- addict, und sehr, sehr clever für sein Alter. Mit mehr oder weniger offenem Zynismus kommentiert er Peinlichkeiten, Hypes, Fehler, Abschreibereien, Dümmlichkeiten in Presse, TV, und Internet. Seit Anfang Februar konzentriert er sich auf die Berichterstattung, den Medienrummel um Eggers, einer seiner "Lieblingsautoren", wie er schreibt, was auch glaubhaft ist, wenn man sich die Ähnlichkeiten in Stil und Humor ansieht.
In der April-Ausgabe seiner mittlerweile festen Kolummne FoE! (Friends of Eggers) gelang Bauer dann der große Coup: Dave´s Schwester Beth Eggers war mit ihm in Kontakt getreten und es gelang Baum, sie zu Aussagen über ihren Bruder Dave zu bewegen, die ein völlig neues Licht auf dessen Autobiographie warfen. Beth Eggers behauptete, dass ihr Anteil an Sorge und Arbeit für den kleinen Bruder Toph viel größer gewesen sei als im Buch dargestellt und dass ihre Aufzeichnungen von Dave benutzt worden seien, ohne dass das entsprechend gewürdigt sei.
Später wurden diese Ausagen von Beth Eggers hastig relativiert, aber die Saat des Skandal war gelegt und ging endgültig auf, als Harpers Bazar, eines der einflussreichen Magazine, dieses Feature von Baum übernahm und in seiner August Ausgabe landesweit publizierte. Aber Baum greift Eggers, das Objekt seiner Hassliebe, noch von einer anderen Seite an: Minutiös spürt er dem weit verzweigten Netz an Freunden und Beziehungen nach, dass sich seinen Recherchen nach durch die Medienlandschaft zieht. Die Auswirkungen seiner Enthüllungen und Verdächtigungen, die im Übrigen stets in spassigen, übertrieben eifernden Ton gehalten sind, ziehen sich nichts desto trotz durch das ganze Web.

Eggers selber zieht es weitgehend vor, diese Angriffe zu ignorieren, wie er überhaupt vorgibt, die Berichte über seine Person kaum zu verfolgen. So verging auch eine ganze Weile der Konfusion unter der stets wachsenden Schar an Lesern des InternetMagazins, als im April plötzlich ein Doppelgänger im Web auftauchte unter der Adresse www.mcsweeneys.org, ein Magazin, das vom Design und von den Inhalten eine kaum zu unterscheidende Kopie des originalen mcsweeneys.net war. Es gibt Leute, die bis heute behaupten, dass Eggers selber diese Parodie inszeniert habe. Da helfen alle Dementis wenig, zumal ausserdem noch mcsweeneys.com im Web existiert. Diese Seite ist eigentlich die private Homepage einer normalen Familie, die aber von fehlgeleiteten Surfern bald völlig überlaufen und mit e-mails bombardiert wurde. In einer überaus merkwürdigen Wendung beschlossen daraufhin, Eggers und die Familie McSweeney ihre beiden Seiten zusammen zu bringen, ein Manöver, dass ebenfalls von vielen Lesern für eine reine Charade gehalten wurde. Und das erst recht, als schon wenig später die Trennung und erneute Unabhängigkeit der beiden McSweenees Seiten verkündet wurde. Eggers Statements zu den drängenden Fragen, Vermutungen und Verdächtigungen klangen zunehmend gequält, zuletzt bat er öffentlich darum, man möge ihn und seine Familie in Ruhe lassen, seine Familie habe schon ihren Teil an Unglück zu tragen gehabt. Nicht ohne eine gewisse Genugtuung mögen das Jedediah Purdy und andere Gegner der Ironie vernommen haben

DIES IST DAS ENDE DER DER 3 TEILIGEN EGGERS-SAGA
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PT. I

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Zuletzt geändert am 17.0.2000 ©u-lit