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Pigor schreibt, Eichborn muß verlegen




Eine kommentierte Literaturliste zu Pigors Buch „Wie man am schnellsten in den Himmel kommt“ von Sascha Preiß

Da seit dem Erscheinen des Buches Wie man am schnellsten in den Himmel kommt von Thomas Pigor [] sich zwar der kommerzielle Erfolg des Buches bisher sehr in Grenzen hielt, aber die germanistische Wissenschaft derart begeistert war, daß die Menge an erläuternder, kommentierender und interpretierender Sekundärliteratur über das Buch Wie man am schnellsten in den Himmel kommt von Thomas Pigor ein so enormes Ausmaß erreichte, daß die Veröffentlichungskapazitäten der üblichen Organe der germanistischen Wissenschaft für den Abdruck der Textmengen nicht ausreichten, ergab sich für mich und meine Kollegen des Arbeitskreises Germanistik in Berlin (AGB) die Notwendigkeit einer eigenen Veröffentlichungsreihe: die Pigor-Studien. Die Arbeiten über das Buch Wie man am schnellsten in den Himmel kommt von Thomas Pigor betreffend stelle ich kurz hier zusammen und kurz vor.


- Dr. Autor: Wie der Erzähler zur Legende wurde. Erzählverfahren und Selbstreflexivität in Pigors Wie man am schnellsten in den Himmel kommt. Eine historische Studie. Berlin 2001.

Autors historisch angelegte Studie über den „erzählten Erzähler“ (S. 15) beschreibt den Weg des Erzählers aus der Auktorialität ins Zentrum der Handlung, bis er in Pigors Schlußlegende „St. Volker“ schließlich seinem eigenen Autor begegnet und sein eigenes Martyrium erzählt.
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- Petra Bienert: Pigor, du Sau! Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen, war nie in einer Schwimmbadsekte und nie an Jims sexuellen Bedürfnissen beteiligt. In: Berliner Kurier vom 11.06.2001. Korrigierter Nachdruck in: Pigor-Studien 1 (2001), S. 57-58 (mit Faksimile).

Bienerts Artikel hat in erster Linie Heiterkeit hervorgerufen. Der vor grammatikalischen Phantasien und orthographischen Irrtümern nur so strotzende Text ist wissenschaftlich eher unbrauchbar, da er hauptsächlich diffamierenden Charakter besitzt.
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- Pater Cyrill: Das Martyrium des St. Volker. In: Tagesspiegel vom 12.08.2001 (Wochenendbeilage). Wiederabdruck in: Pigor-Studien 3 (2001), S. 1-12 (mit Faksimile).

Mit Cyrills (?) gefälschter (?) Legende über das „wirkliche“ Martyrium des St.Volker, das sich in Pigors Wie man am schnellsten in den Himmel kommt nur unvollständig abgedruckt findet, beschäftigt sich der gesamte dritte Band der Pigor-Studien, weshalb ich die einzelnen Aufsätze nicht gesondert anführe. Ein literarisch beeindruckender Text, dessen Autorschaft und Authentizität heftig umstritten ist.
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- N. Dittmar: Der Druckfehler als Sinnstifter. Wie zwei ß’s in Pigors Wie man am schnellsten in den Himmel kommt eine Rahmenhandlung ersetzen. In: Pigor-Studien 2 (2001), S. 74-120.

Diese ehrgeizige Untersuchung mit linguistischer Perspektive betrachtet vorrangig die kleinen „Textfallen, -haken und -ösen“ (S. 83), die in den 13 Legenden Pigors eingearbeitet sind. Dittmar vergleicht dieses Textstrukturverfahren mit García Márquez’ Liebe in den Zeiten der Cholera.
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- K. Donhauser: Das Kreuzberger Idiom. In: Pigor-Studien 1 (2001), S. 76-97.

Donhauser hat eine schöne, vorrangig an linguistisch Interessierte gerichtete Untersuchung der von Pigor kopierten Alltagssprache vorgelegt, die empirische Befunde aus der Gegend um das Kottbusser Tor und der Gneisenaustraße den Texten Pigors gegenüberstellt.
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- H. Eggert: Der Archetyp des Popstars. C.G. Jung und Thomas Pigor. In: Pigor-Studien 2 (2001), S. 121-147.

Eine Arbeit zum Problem der „Legende als adäquate Erzählform“ (S. 122). Eggert kann auf Schütz (a.a.O.) eingehen, ihn aber nicht widerlegen. Der nicht bis zur Konsequenz, vielmehr nur bis zum Kompromiß ausgeführte interpretatorische psychoanalytische Ansatz C.G. Jungs befriedigt nicht wirklich.
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- B. Eichhorn: Pigor macht, alle anderen müssen zuschauen. Die Biographie zum Künstler Thomas Pigor, aus der Sicht des Begleitpersonals. Berlin 2001.

Benedikt Eichhorn, Pigors Pianist und Kompagnon („Pigor singt, Eichhorn muß begleiten“, 1999 Deutscher Kleinkunstpreis), hat mit dieser Biographie ein Standardwerk geschrieben, das maßgebend für jede weitere Beschäftigung mit Pigor ist; umfassend und faktenreich, leider zu sehr an Eichhorns eigenem Ruhmeswillen orientiert.
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- H. Evers: Ach Mensch! Eine Einleitung. Pigor-Studien 1 (2001), S. I-III.

Eine besondere Einleitung in Pigors Werk und eine schöne Hommage an den Künstler und Menschen Thomas Pigor vom Weddinger Schriftsteller Horst Evers. Amüsant.
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- H.D. Feger: Evolution auf Hochdeutsch. Wie die Urschweiz zur Eizelle kam. In: Pigor-Stu-dien 1 (2001), S. 25-56.

Unter Verwendung verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen, etwa der Psychoanalyse und der Geographie (Plattentektonik), interpretiert Feger die Legende „Die heilige Eizelle von Wädenswil“, mit erstaunlichen und fragwürdigen Ergebnissen.
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- U. Heukenkamp: Das Kamel als Flüssigkeit. Das Nadelöhrgleichnis in Pigors Wie man am schnellsten in den Himmel kommt. In: Pigor-Studien 1 (2001), S. 315-319.

Der äußerst kurze Aufsatz beleuchtet die theologischen Grundlagen zu Pigors Legende „Der heilige Dr. Claussen“ und nimmt kurz Stellung zur Debatte um die Molekularbiologie.
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- F. Hörnigk: Karikaturen der Alltagswelt in Pigors Wie man am schnellsten in den Himmel kommt. In: Pigor-Studien 1 (2001), S. 58-75.

Hörnigks Bestreben ist es, das soziale Umfeld, in denen die Legenden Pigors angesiedelt sind, und Pigors „karikative Verzerrungen“ (S. 69) dieses Umfeldes herauszuarbeiten. Sehr ambitioniert und die vielleicht beste Zusammenfassung des Buches Wie man am schnellsten in den Himmel kommt von Pigor.
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- A. Kluck: Die Wiederkehr des Glaubens in Wie man am schnellsten in den Himmel kommt von Thomas Pigor. In: Pigor-Studien 1 (2001), S. 203-221.

Besonders gefreut hat uns der ausdrückliche Wunsch des Monsignore Alfons Kluck, Notarius und Kaplan Seiner Heiligkeit der St.Hedwigs-Kathedrale zu Berlin, Pigors Buch Wie man am schnellsten in den Himmel kommt aus theologischer Sicht zu kommentieren. Seine sehr fromme Lesart hat jedoch deutlichen Widerspruch hervorgerufen. Unwidersprochen hingegen blieb bisher seine These der „Abstinenz religiöser Werte in unserer heutigen Gegenwartsgesellschaft“ (S. 203). (Siehe auch: www.hedwigs-kathedrale.de)
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- A. Košenina: Der Berlin-Diskurs im Denken und Werk Thomas Pigors. In: Pigor-Studien 2 (2001) S. 148-298.

Der breit angelegte Aufsatz über Pigor läßt sehr schnell erkennen, daß Košenina viel Platz beansprucht, den er nur gelegentlich füllen kann. Der Einbezug der Berlinliteratur der 90er Jahre ist zwar löblich, aber er wird zu wenig fruchtbar gemacht; Anspruch und Textlänge sind übertrieben.
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- K. Laermann: Das Heillos und das Trostlos. Über die allgemeine religiöse Verdooftheit. Berlin 2001. (Eigenedition)

Der sehr polemische Artikel nimmt Bezug zu Klucks Arbeit (a.a.O.) und interpretiert sowohl Pigor, als auch dessen Interpretationen. Der Text hat heftige Diskussionen über die Beurteilung der Christenheit im Allgemeinen und des Katholizismus im Besonderen ausgelöst, was die interpretatorische Stärken zum Verschwinden brachte.
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- W. Neuber (Hg.): Berlin 2001. Berlin 2001.

Dieser kleine Band ist eine Zusammenfassung eines Forschungscolloquiums zu Pigor im Sommersemesters 2001 an der FU Berlin. Die kurzen rezensionsartigen Aufsätze besitzen z.T. sehr unterschiedliche Qualität, aber insgesamt ein sehr gutes Niveau.
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- Pigor-Studien 1-4, hrsg. v. Arbeitskreis Germanistik in Berlin (AGB). Berlin 2001.

Die Reihe untersucht Pigors Werk insgesamt und möglichst umfangreich. Den Schluß des je 350 Seiten umfassenden Bandes bildet ein Rezensionsteil, der Archivcharakter besitzt und versucht, alle erschienenen Rezensionen über Pigor zu versammeln (z.T. Faksimile). Im Schuber zum Vorzugspreiß erhältlich.
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- St. Porombka: Herzkasper, Schnittwunden und Evolution. Medizin etc. im Werk Pigors. Berlin 2001.

Die Arbeit St. Porombkas ist die am wenigsten beachtete, da sie von den meisten mißverstanden wurde, nach Aussage St. Porombkas. St. Porombka ging es darum zu zeigen, „daß Anatomie, Pathologie und Fortpflanzung eine für die 13 Legenden ganz zwingende funktionale Position besetzen“, was jedoch nach Aussage der anderen nicht gelang.
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- S. Preiß: Pigor schreibt, Eichborn muß verlegen. Eine kommentierte Literaturliste zu Pigors Buch Wie man am schnellsten in den Himmel kommt. Berlin 2001.

Preiß kommentiert innerhalb seiner Literaturliste seine eigene Literaturliste und kopiert auf diese Weise eine erzählerische Pointe aus Pigors Buch Wie man am schnellsten in den Himmel kommt – obwohl dieser Kommentar der Literaturliste kein Kommentar, sondern nur ein scheinbarer Kommentar der Literaturliste ist. Von [] bis [] ist aber alles drin (in der Literaturliste).


- K.R. Scherpe: Der Humor des Intellektuellen. Warum nicht jeder über Pigor wird lachen können. In: Pigor-Studien 4 (2001), S. 34-56.

Scherpe weist nach, daß Pigors anspielungsreiche Literatur beinah ausschließlich von Intellektuellen verstanden und entsprechend beurteilt werden kann. „Der (gebildete) Paria hat zu seinem eigenen Lachen gefunden.“ (S. 54) Angesichts der Verkaufszahlen von Pigors Wie man am schnellsten in den Himmel kommt scheint sich das zu bewahrheiten.
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- H.-J. Schings: Die große Geste des Kalauers. In: Pigor-Studien 2 (2001), S. 58-73.

Die einzige Arbeit, die Wie man am schnellsten in den Himmel kommt von Pigor ablehnend gegenübersteht. „Das Bildungsprotzen und die Autor-Erzähler-Posen als Humorist können nicht über die Bemühtheit der Texte hinwegtäuschen.“(S. 69) Sie hat keine Zustimmung gefunden.
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- E. Schütz: Der Heilige als der Prototyp des Helden. Ein historischer Aufriß. Berlin 2001.

Schütz stellt sich, wie Eggert (a.a.O.), dem Problem der Textsorte „Legende“ in Pigors Wie man am schnellsten in den Himmel kommt und folgert: „Die Legende formuliert religiöse Stars und scheint dadurch die einzig sinnvolle Textsorte zur Darstellung personal orientierter Massenphänomene zu sein, da sie es als einzige erlaubt, (ironische) Distanz zu bewahren.“ (S. 275)
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- H. Simon: „Escht süß“. Über den intelligenten Gebrauch moderner Jugendsprache in Pigors Wie man am schnellsten in den Himmel kommt. In: Pigor-Studien 2 (2001), S. 299-310.

Die aufregenden Gegenthesen Simons zu Donhauser (a.a.O.) machen diesen Aufsatz als Text leider nicht spannender. Die Frage „Jugendsprache oder Kreuzberger Idiom in Pigors Buch Wie man am schnellsten in den Himmel kommt?“ (S. 305) wird sich vermutlich nicht endgültig klären lassen.
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- G. Seeßlen: Märtyrer und Banalität. In: Pigor-Studien 4 (2001), S. 1-33.

Mit Freude am popkulturellen Objekt erreicht Seeßlen in diesem Text einen seiner Höhepunkte: Aufgrund der Pigor-Lektüre in die falsche U-Bahn gestiegen zu sein, verführt ihn in eine Analyse der Euphorie über die Berliner Undergroundkultur und die der Automobilwerkstätten (vgl. die Legende „Der heilige Knut“ in: Wie man am schnellsten in den Himmel kommt von Pigor), bis er mit der Frage, warum Pigor ausgerechnet den Eichborn-Verlag für seinen Text gewählt hat, wieder ans Tageslicht fährt. Unterhaltsam!
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- G. Seibt: Akuter Mangel an Schutzpatronen. Essays über das Banale und den Kapitalismus. In: Pigor-Studien 4 (2001), S. 57-309. (Einzeledition unter gleichem Titel beim Aufbau-Verlag, Berlin 2001)

Seibt hat ein ähnliches Problem wie Košenina (a.a.O.): seine 250 Seiten Text sind kaum inhaltlich gerechtfertigt. Zudem stellt sich bei einigen Essays die Frage des Plagiats von Seeßlens Aufsatz (a.a.O.).
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- H. Siebenpfeiffer: Der Kopf in der Friteuse. Die Ästhetik des Brutalen. (Diss.) Berlin 2001.

Man merkt der Arbeit leider an, daß Siebenpfeiffer ihr Dissertationsthema zu übereifrig und zu abrupt gewechselt hat. Reste der ursprünglichen Thematik finden sich im Kapitel „Gewaltverbrechen und Zensurbalken“, in dem sie u.a. die „hl. Loretta und die hl. Madonna von den gggggg“ interpretiert. Das Kapitel zur Sozialkritik Pigors verdient Beachtung.
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- F. Störmer: Humor oder Witz. Untersuchungen zur Ironie in Pigors Wie man am schnellsten in den Himmel kommt. Berlin 2001.

Störmer erstellt ein Struktursystem der von Pigor eingesetzten Ironie. Vorrangig drei Kategorien unterscheidet Störmer: den Witz, die Selbstironie und den Kalauer, die in einem organischen Verhältnis zueinander stehen und so auf eine tiefere Strukturierung des Textes insgesamt schließen lassen.
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Ein eigenständiger und umfassender Forschungsbericht zur Literatur von und über Thomas Pigor ist von N.N. in Vorbereitung.

 

"Pigor singt, Benedikt Eichhorn muß begleiten"
Unter diesem Titel tritt Thomas Pigor auf und gewann mit seinem Partner Preise und Anerkennung. Nun schrieb er ein Buch:

Thomas Pigor:
Wie man am schnellsten in den Himmel kommt

12 Heiligengeschichten für vor dem Einschlafen


"Anwälte, Automechaniker, Kameltreiber, Bademeister, schweigende Gäste und auch Computerhändler: Sie alle haben keinen Schutzheiligen. Bisher jedenfalls. Der fromme Kabarettist Thomas Pigor hat dem Versagen der katholischen Kirche zum Trotz Augen und Ohren offen gehalten und sich auf die Suche nach den bislang verborgen gebliebenen Märtyrern gemacht...."

Eichborn 2001, 128 S http://www.eichborn.de


Anstatt einer Besprechung stellte Sascha Preiß eine kommentierte Literatur-Liste zu diesem Werk zusammen.



Thomas Pigor???


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