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Andre Dubus III:
Haus aus Sand und Nebel
 
  Aus dem Amerikanischen vom Ulrike Wasel und Klaus Timmermann.
500 S., C.H.Beck, München 2000.



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Andre Dubus III kommt aus einer Schriftsteller Familie. Sein Vater, der im Frühjahr letzten Jahres starb, war einer der renommiertesten Shortstory- Autoren der USA. Mit seinem zweiten Roman, der erste ist nicht ins Deutsche übersetzt worden, hat sich Dubus an ein großes Thema gewagt.
Das Haus, um das es hier geht, ein einfacher hölzerner Bungalow, steht in einem grünen, nicht allzu exklusiven Vorort San Franciscos. Bei einer Zwangsversteigerung erwirbt ihn Colonel Behrani. Nach dem Sturz des Schah mußte Behrani mit seiner Familie aus dem Iran fliehen. Seine Erwartungen, eine seiner früheren hohen Stellung entsprechende Arbeit zu finden sind im Lauf der Jahre enttäuscht worden, Stolz und Selbstachtung bei der Arbeit als Straßenkehrer fast verloren gegangen. All seine Hoffnung und sein letztes Kapital investiert er in die Aussicht auf einen hohen Gewinn beim Wiederverkauf des Hauses.

...sein letztes Kapital investiert er in die Aussicht auf einen hohen Gewinn beim Wiederverkauf des Hauses...

Doch die Zwangsversteigerung des Hauses beruhte auf einem bürokratischen Fehler der Stadtverwaltung und so erhebt auch die Vorbesitzerin legale Ansprüche. Die 36jährige Kathy Lazaro hat den Bungalow von ihrem Vater geerbt. In dem ansonsten fast haltlosen Leben der ehemaligen Kokain-Abhängigen bildet das Haus den einzigen Ort der Stabilität. Als Kathy ein Liebesverhältnis mit dem verheirateten Polizisten Burdon beginnt, der ein Herz für verlorene Fälle hat, beginnt der Konflikt zu eskalieren.

...Als Kathy ein Liebesverhältnis mit dem verheirateten Polizisten Burdon beginnt, der ein Herz für verlorene Fälle hat, beginnt der Konflikt zu eskalieren...

Andre Dubus erzählt diese Geschichte aus ständig abwechselnder Perspektive. Sein Tonfall ist ruhig, anfangs fast etwas schläfrig. Doch je mehr seine Figuren an Kontur gewinnen, desto deutlicher zieht die Katastrophe am Horizont herauf. Das Geschehen vollzieht sich mit der Unausweichlichkeit antiker Tragödien. Die schicksalhafte Verknüpfung wird über die "blinde" Bürokratie hergestellt; Partei ergreift das Buch für keinen der Beteiligten, Sympathie allerdings weckt es für beide. So wirkt die Folgerichtigkeit der Entwicklung auch nicht konstruiert, sie erwächst so aus den Motiven und Bedürfnissen seiner Figuren. Und die lassen sich trotz teils krasser Unterschiedlichkeit der Lebensentwürfe auf einige grundlegende Gemeinsamkeiten bringen: das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, sozialer Anerkennung, Gerechtigkeit und Liebe.

...je mehr seine Figuren an Kontur gewinnen, desto deutlicher zieht die Katastrophe am Horizont herauf...

In der amerikanischen Kritik wird dem Buch schon mal der Vorwurf gemacht, nicht positiv genug zu sein, keinen Ausweg zu bieten. Doch das ist Unsinn. Was dem Buch vielleicht fehlt, um es zu einem wirklich großen Roman von der Klasse etwa der letzten Bücher Philip Roths zu machen, wäre eine vermittelnde Instanz, wie sie die Figur eines Erzählers schaffen kann. So gerät Amdre Dubus in seiner Distanzlosigkeit manchmal in die Nähe eines händeringenden Lowlife Kitsches a la Stewart O`Nan. Insgesamt jedoch ist dies ein beeindruckender Roman, und weit entfernt von den beliebigen Schreibübungen amerikanischer Creative Writing Schüler.

...weit entfernt von den beliebigen Schreibübungen amerikanischer Creative Writing Schüler...
©u-lit Zuletzt geändert am 04.03.2000/27.07.01