Walter Kirn:
Daumenlutscher

Roman. KiWi 2001, 316 S..

Eine Pubertätsgeschichte. Eigentlich die Domäne von jungen Nachwuchsautoren. Oder ein Genre, in dem alternde Schriftsteller sich melancholisch ihrer Wurzeln erinnern. Grundthema ist im allgemeinen der Verlust von Unschuld.
Bei Walter Kirn ist das anders. Der Mann ist 1962 geboren, ein bekannter und vielbeschäftigter Literaturkritiker in den USA, und Melancholie bezüglich verlorener Unschuld gibt es nicht im "Thumbsucker".

Justin selbst ist Daumenlutscher, bzw der "King Kong der oralen Obsessionen", wie sein Zahnarzt und Hobbypsychologe es ausdrückt. Das Buch schildert, wie Justin diese Sucht aufgibt, nur um sie gegen andere einzutauschen: Aufputschmittel, Downer, Angeln, Rhetorikmeisterschaften, schließlich die Konvertierung zu den Mormonen. Bis alles endet, wie es begann.

Diese Stationen werden mit einem gewissen, trockenen Witz erzählt. Angenehm ist der Verzicht auf jede Sentimentalität. Bemerkenswert auch, daß Kirn in "Daumenlutscher" die Idee einer Entwicklung rundheraus ablehnt. Ein im Grunde unspektakuläres Buch, das mit einem ziemlich irreführenden Cover daherkommt. Obwohl es so aussieht, ist hier keine Popliteratur drinnen, sondern eine solide erzählte Geschichte über Familien, ihre Neurosen und die Uneinlösbarkeit elementarer Bedürfnisse. Ach ja, es ist ein öfter sehr lustiges Buch!

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