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"Das Hier und Jetzt gehört den Journalisten" sagte der Autor und schrieb Folklore. Graham Swift, geb 1954, gehört seit dem Roman "Waterland", der mit Jeremy Irons verfilmt wurde, zu den Stars der britischen Literatur. In seinen Büchern gibt es keine Markennamen, er misstraut der Media Society und dem akademischen Betrieb sowieso. Verpflichtet fühlt er sich lediglich der Kunst des Romans, der ihm die Möglichkeit gibt, "Schichten von Zeit" aufzutürmen und so Geschichte als die Geschichte von Menschen zu erzählen.

...er misstraut der Media Society und dem akademischen Betrieb sowieso...

In seinem neuen Buch, das im Original "Last Orders" heisst, führen vier ältere Männer den letzten Willen ihres gestorben Freundes aus: sie fahren von London nach Margate, um Jack`s Asche in`s Meer zu streuen. Sie alle stammen aus dem Arme Leute Viertel Bermondsey und während der Fahrt, die auf Umwegen durch Pubs und über Marine-ehrenmäler führt, erzählen sie immer abwechselnd und sich ergänzend die Geschichte ihrer Freundschaft: Innere Monologe, die zusammengesetzt wie ein Puzzle die Geschichte ihres Lebens mit all seinen Enttäuschungen und Betrug und seinen wenigen gloriosen Momenten ergeben und deren Schönheit in ihrer lakonischen Wortkargheit liegt.

...sie fahren von London nach Margate, um Jack`s Asche in`s Meer zu streuen...

Nun hat die britische Arbeiterklasse als Ort literarischer Fiktion von Dickens über Engels bis zu Roddy Doyle eine lange Tradition, und "der kleine Mann" als Chiffre für Überleben in schwieriger Zeit auch noch gerade Konjunktur. Aber bei Swift, für den sein eigenes Leben nichts mit seinen Romanen zu tun hat, gibt es kein Ergötzen oder Erschauern über die wunderlichen Gebräuche von Menschen aus einfachen (d. h.: schwierigen) Verhältnissen. Am Ende ist es egal, ob einer Arzt war, oder, wie Jack, Schlachter.

...Am Ende ist es egal, ob einer Arzt war oder, wie Jack, Schlachter...

Wie alte Balladen, die der Rätselhaftigkeit der Existenz einen ebenso enigmatischen Spiegel entgegenhalten, zielt Swift`s Roman sowieso eher auf das Leben als solches. Und dem können seine Helden, auch im Angesicht des Todes, nicht entfliehen. Ein grossartiges Buch, fand auch die britische Kritik und verhängte den Booker-Price.

...die der Rätselhaftigkeit der Existenz einen ebenso enigmatischen Spiegel entgegenhalten...
©u-lit Zuletzt geändert am 26.02.2000