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Mario de Carvalho:
Wir sollten mal
drüber reden
Klett Cotta
1997, 275 S.


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Mario de Carvalho nervt. Und hat Spass dabei. Missverständnisse, ständige Abschweifung, drastische Fehleinschätzungen, Lächerlichkeit und Langeweile zelebriert dieses Buch geradezu.
Zur Geschichte: Der 50-jährige Lissaboner Joel ist in der Krise: Sein Sohn ist im Gefängnis, der Job ist bescheiden, seine Frau ihm entfremdet. Er erinnert sich der glorreichen Tage der Nelkenrevolution und beschliesst zu tun, was er damals versäumte: Beitritt zur KP.
Dabei soll ihm Bernard helfen, ein alter Bekannter und Parteimitlied. Dem sind aber nach einer gescheiterten Ehe heroische Theaterstücke, die er für die Schublade schreibt, wichtiger als die Partei.
Heroismus und Heimat, danach verlangt es die beiden älteren Männern, aber in einer Folge von nervösen, unangenehmen Begegnungen schaffen sie es, komplett aneinander vorbei zu reden: Eine folgenlose Geschichte.

Heroismus und Heimat, danach verlangt es die beiden älteren Männern

Ergänzt und kontrastiert werden diese beiden durch Nebenfiguren, so ungewöhnlich gewöhnlich wie in TV-Sitcoms: eine junge Journalistin, die das plump raffinierte Biest geben darf, ein im Dienst der Partei ergrautes Kader Mitglied, das grundsätzlich jedes Gespräch "Wir sollten mal drüber reden" beendet, ganze Scharen von desillusionierten ehemaligen Revolutionären.
Die grenzenlose Banalität des Daseins, das ist das Thema dieses Buches. Aber schliesslich, wie der Erzähler, der ständig kommentierend alle Episoden und Figuren verknüpft, betont: So ist das Leben.

Die grenzenlose Banalität des Daseins, das ist das Thema dieses Buches.

Nur wie kann man davon erzählen, was ist eine Geschichte? Mann beisst Hund (das passiert hier wirklich)? Oder ist das Ende der Geschichten erreicht, gibt es nur noch den endlosen Fluss der Telenuvela? Carvalho nutzt deren Struktur, er geht ihr mit der Drahtbürste gegen den Strich, traktiert sie mit Elementen der Burleske, des Schelmenromans, der Don Quichotterie. Ein wirklich hübsches Buch, und am Ende hat man mehr über Portugal erfahren, als in den letzten beiden Romanen Antonio Tabucchis zusammen.

...gibt es nur noch den endlosen Fluss der Telenuvela?
Dezember/´97 Weitere Rezensionen


©u-lit Zuletzt geändert am 19.02.2000