rezension
 
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Gilbert Adair:
Der Tod des Autors
 
  übersetzt von Thomas Schlachter
Edition Epoca 1997
154 S., DM 38,-


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Der Tod des Autors: Das hört sich entweder nach einer Folge von "Columbo" an, oder nach einem gepflegten Scherz unter Freunden der Literaturtheorie. Eine Mischung daraus ergibt dann einen Campuskrimi. Und das Setting stimmt: Professor Sfax, gefeierter Star des amerikanischen Dekonstruktivismus mit dunkler Vergangenheit, ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Da eröffnet eine Studentin ihm, daß sie seine Biographie schreiben will. Vor diesem Moment hat Sfax sich seit Jahren gefürchtet. Es gibt Tote.

...Folge von "Columbo" an, oder nach einem gepflegten Scherz unter Freunden der Literaturtheorie...

Aber die sterben erst ganz am Ende , und auch sonst ist Adairs Buch weit entfernt von einem gemütlichen Whodunnit. Erzählt wird die Geschichte von Sfax selber, einem pretentiösen Widerling. In scheinbar rückhaltloser Offenheit legt er seine Karten auf den Tisch: die Jugend im besetzten Frankreich, der Grossvater Antisemit, der Vater Kolloborateur, und schliesslich die eigenen nazifreundlichen Artikel. Das gelangt jedoch erst in der dritten der Volten, in denen Sfax seine Geständnisse macht, an's Licht und es fragt sich, ob sich dahinter nicht eine noch grössere Schuld verbirgt, nämlich die Denunziation eines Mitglieds der Resistance.

...Erzählt wird die Geschichte von Sfax selber, einem pretentiösen Widerling...

Der Autor ist tot : Das war auch eine der Parolen der mit dem Namen Derrida verbundenen götterstürzenden Theorie des Dekonstruktivismus, die in ihrer radikalsten Ausformung als einzige Autorität den Text zulässt. Er schreibt sich selbst und nur über ihn konstituiert sich der Autor. Danach wäre Prof. Sfax also aus dem Schneider, was seine Jugendsünden angeht.

...götterstürzende Theorie des Dekonstruktivismus...

Der Autor ist tot: Adairs Buch nimmt die Parole wörtlich und spannt sie zusammen mit der Krimi Frage: Wer hat's getan? Die Verantwortung für das, was man schreibt, das ist die Frage um die der Londoner Journalist und Schriftsteller seinen Text kreisen lässt, der Bezug nimmt auf das Leben Paul de Mans, eines Stars der Literaturtheorie. Die eigentliche Bewegung vollzieht sich dabei unter der Handlungsebene, wo nach Art der russischen Puppen die Rechtfertigungen Prof. Sfax immer näher an einen Kern der Wahrheit heranzurücken scheinen, ehe am Ende die letzte Puppe geöffnet wird: Sie ist leer. Der Autor ist tot, der Text regiert. Am Anfang war das Wort, so steht es jedenfalls irgendwo geschrieben.

...Am Anfang war das Wort, so steht es jedenfalls irgendwo geschrieben...
©u-lit Zuletzt geändert am 18.02.2000